Ohne Siegel läuft nichtsverfasst am 06.03.2012 von Carmen Schulz

Als Nicht-Elternteil macht man sich in der Regel nicht sonderlich Gedanken über die Sicherheit eines Geschenkes, das eine nette Aufmerksamkeit für Freunde sein soll. Der Altershinweis ist Angabe genug.  Die reellen Konsequenzen können jedoch unangenehm für beide Seiten werden, wenn die Eltern beispielsweise dem dreijährigen Kind das soeben erhaltene Spielzeug unter herzzerreißendem Tränenfluss wegnehmen müssen, da das Verletzungsrisiko für das kleinere Geschwisterchen einfach zu groß ist. Über die Stimmung des Treffens muss ich nicht weiter reden.

Spielzeug als Gefahrenquelle

Die Gedankenlosigkeit manches Schenkers ist die eine Seite, die andere ist die Sicherheit eines Spielzeugs bei ordnungsgemäßem Gebrauch. Liest man regelmäßig Spielzeugtest vergeht einem regelrecht die Kauf- und Schenklaune. Hier nur ein erschreckendes Beispiel eines anonymisierten Testurteils von Dezember 2011:

 „Problematische Phthalate in rauen Mengen: Die Krabbeldecke von einem namhaften Markenhersteller* (Man sehe es mir nach, dass ich den Namen nicht nenne) enthält in einem verwendeten Garn mehr als 7.800 Milligramm pro Kilogramm des gesetzlich reglementierten Weichmachers Diethylhexylphthalat (DEHP). Das Phthalat, welches Wissenschaftler als fortpflanzungsgefährdend einstufen, steckt in den Kunststofffasern, aus denen Auge und Mund der lustigen Pferdeapplikation bestehen, die Babys zum Anfassen und Nuckeln animieren kann. Der Gesetzgeber verbietet DEHP in Babyartikeln und Spielzeug bei Konzentrationen größer 1.000 Milligramm pro Kilogramm.“

Ernüchternd daran ist, dass selbst namhafte Unternehmen mit vertrauensvollen Marken immer wieder in Kritik geraten. Auch wenn ich kein Freund von Überregulierung bin, begrüße ich gerade in Produktbereichen für Kinder sinnvolle Regulierungen, Kennzeichnungen und Überprüfungen. Diese ersetzen zwar nicht die Aufsicht der Eltern oder sonstiger betreuender Personen, aber ich bin gerne bereit, mehr Geld für sichere Produkte auszugeben.

Nachgewiesene Sicherheit ist bares Geld wert

Dass ich nicht nur ein Einzelfall bin, zeigen Studien. Eine TÜV SÜD-Prüfzeichenstudie, die 2010 von TNS Infratest erarbeitet wurde, besagt, dass knapp 70 % der Befragten wissen wollen, ob und von wem ein Produkt geprüft ist. Kaufentscheidungen fallen dementsprechend aus. Ich vermute, dass die Kaufentscheidungen von Eltern bezogen auf Spielzeug sogar noch stärker vom Prüfsiegel abhängen als andere Kaufentscheidungen.

Was aber steckt hinter den Kennzeichnungen? Mit der CE-Kennzeichnung bestätigt der Hersteller, die Einhaltung von produktspezifisch geltenden europäischen Richtlinien. Sie ist gesetzlich vorgeschrieben, beruht aber auf einer reinen Selbstauskunft des Herstellers. Ist eine vierstellige Identifikationsnummer zur CE-Kennzeichnung angebracht, weist dies auf die Einbindung einer staatlich akkreditierten Einrichtung bei der Anforderungsüberprüfung hin.  

Freiwillige Kennzeichnungen des Herstellers, wie beispielsweise durch das GS-Zeichen (Geprüfte Sicherheit), erhöhen zusätzlich die Glaubwürdigkeit und die Sicherheit des Produkts. Das GS-Zeichen weist die umfassende Prüfung nach dem Produktsicherheitsgesetz und anderen Vorschriften bezüglich der Gewährleistung des Schutzes von Sicherheit und Gesundheit von Personen durch eine akkreditierte GS-Prüfstelle – also einem unabhängigen Dritten – nach. Diese Prüfung umfasst auch die Kontrolle der Produktionsstätte und des dort implementierten Qualitätsmanagements.

Mein Fazit

Wenn man aktuelle Produkttesturteile liest, bekommt man starke Zweifel an der Aussagekraft der gesetzlich vorgeschriebenen Selbstauskunft des Herstellers. Wenn Richtlinien nicht konsequent eingehalten und kontrolliert werden, können auch neue Gesetze und Richtlinien wie das neue Produktsicherheitsgesetz (01. Dezember 2011) oder die Umsetzung der EU-Richtlinie über die Sicherheit von Spielzeug aus dem Jahr 2009, keine Fortschritte erzielen. Die Aussagekraft und die Glaubwürdigkeit von freiwilligen Prüfkennzeichnungen nehmen durch die neuen Richtlinien jedoch deutlich zu.

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