Licht ins Dunkle bringen – oder warum Fliegen einfach nicht anders könnenverfasst am 13.03.2012 von Carmen Schulz

Relativ neu im Team, bin ich immer wieder über die Spannbreite der Fachpressearbeit überrascht. Mein Kollege arbeitet gerade an einem Artikel über Lichtimmissionen und fragt mich plötzlich: „Weißt Du, warum Fliegen immer in die Lichtquelle fliegen?“ Nein, weiß ich nicht – genauso wenig weiß ich, wie er aus heiterem Himmel auf dieses Thema kommt! Warum fliegen Insekten also immer in die Lichtquelle?

Der Mond ist schuld! (Navigationstheorie)

Naja, eigentlich eher das, was Fliegen für den Mond halten. Um sich beim nächtlichen Flug zu orientieren, fliegen Insekten in einem konstanten Winkel zum Mond. Da sich dieser aus Insektensicht nicht bewegt, hat dies zur Folge, dass die Fliege geradeaus fliegt. Ist die Fliege jedoch von einer helleren Lichtquelle als dem Mond abgelenkt, beispielsweise von einer Straßenlaterne, kann das gravierende ja sogar tödliche Folgen haben.

Insekten orientieren sich nun an dieser neuen Lichtquelle. Um den Flugwinkel konstant zu halten, muss die Fliege nun permanent ihre Richtung ändern. Die Folge ist, dass die Fliege spiralförmig um die Lichtquelle fliegt, um letztendlich an ihr zu enden. Sehr anschaulich seht ihr das hier dargestellt. Das Kommentar „Sind Fliegen dumm?“ sollten wir demnach künftig vermeiden, da wir Menschen letztendlich an dieser Misere Schuld sind.

Insekten haben gar keine andere Wahl

Der guten Form halber möchte ich erwähnen, dass es noch andere Theorien gibt. Insektenforscher Ernst-Gerhard Burmeister, stellvertretender Direktor der Zoologischen Staatssammlung München und Leiter der Abteilung für Insektenkunde vertritt beispielsweise die Blendungstheorie. Danach führt der UV-Anteil des Lichts dazu, dass Fliegen nur noch das Licht und sonst nichts mehr sehen. Die Fliege ist geblendet und verliert das Orientierungssystem und kann nicht mehr anders, als zum Licht zu fliegen. Licht mit geringerem UV-Anteil würde demnach Fliegen zu einem längeren Leben verhelfen.

Bei der Flugsicherheitstheorie (!) muss ich unweigerlich schmunzeln. Der Flug zu einer Lichtquelle bietet demnach einfach größtmögliche Sicherheit für Kollisionen mit Hindernissen. Na wenn das kein Trugschluss ist! Mehr zu den Theorien und viel viel mehr zu Licht und Insekten ist hier nachzulesen.

Massensterben im Licht

Spaß bei Seite, Lichtimmissionen können gravierende Auswirkungen für Mensch und Tier haben. Unabhängige technische Zertifizierer mit entsprechender Prüf- und Beratungsleistung können diese Schäden jedoch reduzieren oder gar vermeiden. Deswegen auch der Fachartikel über Lichtimmissionen.

Auch wenn die Auswirkungen auf Insekten nicht Thema des Fachbeitrags waren, zeigt folgender Auszug aus der o. g. Studie, dass Lichtverschmutzung durch Insekten nicht ganz zu unterschätzen ist:

„Nach einer Schätzung werden in den Sommermonaten etwa 150 Insekten pro Straßenlampe und Nacht getötet (KOBLER 2002). Nach GEPP (1977) zog eine 2 Meter hohe blau-weiße Leuchtschrift, bestehend aus 3 Buchstaben in 35 Metern Höhe, im Stadtgebiet von Graz innerhalb eines Jahres 350.000 Insekten an. Nach dem selben Autor lockte eine mit Lichtbogenscheinwerfern bestrahlte Fabrikshalle an einem einzigen Abend 100.000 Insekten an, und zwar vor allem Eulenfalter. Der Nachtfalteranflug an einem Strahler zur Beleuchtung einer Statue in Süditalien wird in den Sommermonaten auf ca. 5.000 Individuen pro Nacht geschätzt, wovon ein Großteil davon zu Tode kommt (HAUSMANN 1992).“ 

 

 

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