Im Definitionsdschungel der Medizin – oder alltägliche Irrtümerverfasst am 21.05.2012 von Carmen Schulz

Nebenwirkung oder unerwünschte Arzneimittelwirkung? Gentest oder Vaterschaftstest? Im alltäglichen Sprachgebrauch werden diese Begrifflichkeiten weitgehend als Synonym verwendet. DOch es gibt erhebliche Unterschiede!

UE, UAW und NW

UE ist die Abkürzung für „unerwünschtes (medizinisches) Ereignis“. Ein ursächlicher Zusammenhang mit der Einnahme eines Medikamentes muss keinesfalls gegeben sein. So ist z.B. eine Beinbruch, eine Erkältung oder eine Platzwunde genauso ein unerwünschtes Ereignis eines Patienten oder eines Teilnehmers einer klinischen Studie wie geänderte Laborbefunde oder Kopf- und Gliederschermerzen.

Die unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) steht hingegen in direktem und nachweislich kausalem Zusammenhang mit der Gabe eines Arzneimittels. Es ist also ein unerwünschtes Ereignis verursacht oder mitverursacht durch ein Arzneimittel. Unter UAW werden auch Interaktionen mit anderen Arzneimitteln, falsche Dosierungen und Missbrauch gezählt.

Die in der Werbung so oft gehörten Nebenwirkungen („Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“) betreffen nur zugelassene Medikamente, die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch zum Auftreten von schädlichen unbeabsichtigten Reaktionen führen (§ 4 Arzneimittelgesetz; http://www.gesetze-im-internet.de/amg_1976/__4.html).

Gentest versus „Gentest“

Die Relevanz der eigenen Genetik für die Gesundheit ist heute nicht mehr strittig. Auf der Suche nach seriösen Anbietern von medizinisch relevanten Genanalysen wird der Verbraucher jedoch häufig in die Irre geführt. Googelt man „Gentest“ tauchen zahlreiche Anbieter von Vaterschaftstest auf, die sich mit sicheren und kostengünstigen Gentest rühmen. Dabei beruht ein Vaterschaftstest mitnichten auf einem Gentest! Ein Grund auch hier mal hinter die Begrifflichkeit zu schauen.

Ein Gentest bzw. eine Gen-Analyse bezeichnet eine molekulare, biochemische oder zellbiologische Untersuchung einer Zelle mit Zellkern mit dem Ziel, die genetische Ausstattung zu erfahren. Der Gentest wird vorwiegend zur Sicherung oder zum Ausschluss einer Diagnose, bei der  Familienplanung bspw. bei Vorliegen von erblichen Erkrankungen, prädiktiv oder im Bereich der Pharmakogenetik (Einfluss von Arzneimitteln) verwendet. Meistens wird der Gentest von Humangenetikern betreut. Privatleute können heutzutage auf Selbstzahlerbasis ebenfalls relevante Gentests durchführen lassen.

Ein Vaterschaftstest hingegen untersucht nicht das individuelle Genom, sondern vergleicht bestimmte genetische Passagen miteinander um festzustellen, ob diese miteinander „verwandt“  sind. Die Begrifflichkeit des Gentests wird hier also fälschlicherweise verwendet.

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